Bahlsen vs. Krümelmonster – 52.000:1
„null Kekse ich habe den keks: ihr wollt ihn haben.“
So beginnt das Erpresserschreiben, in dem sich ein Unbekannter als Krümelmonster ausgibt, das den goldenen Keks der Firma Bahlsen entführt hat.
Der ist immerhin über 100 Jahre alt und ein Symbol für das Unternehmen, weswegen er dort sehr vermisst wird. So sehr, dass Bahlsen am Dienstag zunächst eine Belohnung von 1.000 Euro auslobte, die Polizei einschaltete und sich an die Presse wandte.
Am Mittwoch, dem 30., versprach das Unternehmen dann via Facebook dem „Lieben Krümelmonster“ die Spende von 52.000 Kekspackungen, die an 52 soziale Einrichtungen verteilt werden sollen, sobald der Keks unversehrt und im Vollbesitz seiner Krümel retourniert worden ist.
Kekse statt Kohle.
Ahja.
Soso …
Montag war die Welt noch in Ordnung
Am Montag dieser Woche waren: 1) das Wetter schlecht 2) der goldene Keks in luftiger Höhe über dem Stammhaus des Unternehmens platziert und 3) die Frage: „Mit welchen drei Worten würdet ihr Bahlsen beschreiben?“ der aktuelle Eintrag auf der Facebookseite des Keksfabrikanten. Seitdem ist viel passiert.
Seitdem ist der Keks weg und ein nach alter Väter Sitte aus ausgeschnittenen Zeitungsüberschriften zusammengepuzzelter Brief ist beim Keksbäcker eingetroffen, samt einem Bekennerfoto mit Glanzkeks. Die Absichten des Entführers scheinen edel: Erpresst werden sollen Kekse mit Schoki für alle Kinder im Krankenhaus Bult an einem Tag im Februar. Und die ausgelobte Belohnung soll dem Tierheim Langenhagen gespendet werden. Gezeichnet: das Krümelmonster.
Keks! Kekse!! Keeekse!
Wer wie ich die ersten Folgen der Sesamstraße im Zielgruppenalter erlebt hat, muss angesichts dieser Aktion ins Grübeln kommen. Bahlsen weist einen Marketing-Gag weit von sich, will aber vielleicht nur die Lizenzgebühren für die Verwendung des originalen Krümelmonsters sparen, denn auf dem Bekennerfoto ist vor allem ein Detail eindeutig zu erkennen: der goldene Keks. Das Monster im Hintergrund ist zwar blau, weitere Ähnlichkeiten mit dem kekssüchtigen Monster aus der Sesamstraße erschließen sich jedoch nicht auf Anhieb und nicht bei längerem Hinsehen. Ich bin mit der Sesamstraße groß geworden und ich erkenne das Krümelmonster, wenn ich es sehe. Auf besagtem Bekennerbild sehe ich vor allem eines: LEIBNIZ KEKS.
Bahlsen ist mir schon heuer beim Dschungelcamp als furchtloser Guerilla-Marketer aufgefallen, der einen Keks mit Vollmilchschokokladenfüllung dank gutem Timing vom Status „Keks mit Vollmilchschokolade“ auf die äußerste Edelfraßschale und in den Status „Manna“ beförderte, indem C-Promis der gelb-blauen Verpackung im transparenten Kokon von ferne huldigen, bevor die Geräuschkulisse der kontemplativen Knabberlaute immer weiter anschwillt und sich ein vielstimmiges Gebet zu Ehren der Göttin Krume im Dschungel Australiens erhebt.
So, liebe Zielgruppe, wird heute geworben.
Nun lässt Bahlsen also 52.000 Kekspackungen springen, vorausgesetzt, der unbekannte Entführer rückt den Urkeks wieder raus. Der ist – so meine Vermutung – entweder Praktikant in der PR-Abteilung der Keksmanufaktur und hofft, so an einen dauerhaften Arbeitsvertrag zu gelangen, um sich auch in Zukunft die Butter auf dem Keks leisten zu können, oder ein Karnevalist, der, frustriert ob des ausgefallenen Weltunterganges vor knapp einem Monat, vom Gedanken beseelt ist, jetzt zumindest den Publikumspreis für die originellste Verkleidung in der laufenden Session abzustauben.
Mir gefällt ja der Epresserbrief in seiner typographischen und grammatikalischen Unbeschwertheit. Der hat mich von eigentlich wichtigeren Aufgaben wie dem Verfassen von Texten über Digitalkameras und der Überarbeitung eines ERP-Handbuches abgehalten und zu diesem Beitrag inspiriert, während dessen Entstehung sich mein Argwohn immer weiter verdichtete wie die Zutaten eines Bundeswehrkekses nach 20 Jahren sachgemäßer Lagerung.
Sloganize Bahlsen? Nope!
Und die drei Worte, die Bahlsen sich gerne auf den Leibniz geschnitten sähe?
Liebe Kekser, die könnt Ihr haben, wir machen auch in Slogans. Auch solche mit drei Worten, wie der Slogan von PraetoriusCC zeigt; da passt nicht ein Krümel Deutungsmasse mehr dazwischen.
Könnt Ihr grundsätzlich kriegen.
Nur eben nicht umsonst.
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