Typografie: Mit wenig Aufwand zu stillem Ruhm
Praktisch: Korrekte Typografie erfordert kein Talent, keine besondere Hingabe und kein geschultes Gehör. Sie muss nicht hinterfragt und verstanden werden, sondern nur angewendet, denn sie ist genormt.
Unpraktisch: Talent, Hingabe und geschulte Ohren helfen dabei nicht, auch besteht keine künstlerische Freiheit. Die Norm lässt sich weder logisch herleiten noch beim lauten Lesen heraushören oder intuitiv erfassen.
Typografieschwäche ist eine harmlose, aber galoppierende Volkskrankheit. Die wenigsten Leser leiden, wenn sie statt eines Gedankenstrichs ein Minuszeichen sehen oder einen Akzent statt eines Apostrophs. Schreiber schlampen aus Faulheit, Gleichgültigkeit oder Trotz; Inhalt, Klang und Verständlichkeit bleiben davon meist unbeeinflusst.
Was jedoch leidet, ist das Schriftbild. Dabei geht es nicht um Ästhetik, sondern um Einheitlichkeit.
Wer tippen will, muss freundlich sein
Das Einhalten der Norm erleichtert Augen und Gehirn die Lesearbeit und beschleunigt die Datenübertragung.
Korrekte Typografie ist leserzugewandt, kundenfreundlich und besser verkäuflich. In Fach- und Gebrauchstexten vermittelt sie Klarheit, Seriosität und Respekt.
Wer sich die gängigen Normen ausdruckt und über den Schreibtisch hängt, kann sie sofort richtig umsetzen und damit locker zwischen 20 und 50 % der Korrekturkosten einsparen.
Zum großflächigen Reparieren kaputter Typografie empfehlen wir ein professionelles Korrektorat.
Kleiner Typografie-Navigator
Es gehört immer ein Abstand
– zwischen eine Zahl und die zugehörige Maßeinheit (1 cm, 40 g)
– vor und nach einen Gedankenstrich – so sieht ein Gedankenstrich aus
– vor Prozentzeichen (35 %, 35 Prozent)
– zwischen Zahlen und mathematische Zeichen: 1 + 1 = 2
Mehrteilige Abkürzungen (aus mehreren eigenständigen Wörtern mit Punkten) brauchen je einen Abstand zwischen den Buchstaben, obwohl das nicht schön aussieht: z. B., u. a., o. Ä., d. h., i. d. R.
Am Satzanfang sind diese Abkürzungen übrigens sehr unschön, hier also besser ausschreiben.
Um unerwünschte Silbentrennungen wegen der Abstände zu vermeiden, können geschützte Leerzeichen gesetzt werden.
Aber: etc. und usw. ohne Abstand und mit einem Punkt am Ende. Stehen sie am Satzende, wird kein weiterer Punkt gesetzt.
Richtige Gedankenstriche statt Bindestrichen oder Minuszeichen:
Kapitel 1 – Die Tücken der Typographie
Abb. 2 – Ein Komma aus dem Mittelalter
Er wollte vermitteln – niemand hörte ihm zu.
Word macht aus einem Bindestrich automatisch einen Gedankenstrich, wenn Wort Abstand Bindestrich Abstand Wort getippt wird. Zumindest sollte es das, aber manchmal pennt es auch. Kommt Word seiner Gedankenstrichpflicht nicht freiwillig nach, kann man es mit Abstand Bindestrich Abstand Enter zwingen.
Bindestriche ohne Abstand bei mehrteiligen festen Begriffen wie Müller-Maier-Methode, Blut-Hirn-Schranke, Herz-Kreislauf-System, Magen-Darm-Trakt etc.
Zusammengesetzte Hauptwörter zusammenschreiben:
Kinderfitnessprogramm, Auffangvorrichtung, Panikabschaltung, Oberdonaudampfschiffkapitän
Traditionelle Worthochzeiten wie soziokulturell oder doppeltkohlensauer brauchen keinen Bindestrich. Gegensatzpaare wie manisch-depressiv brauchen einen.
Verbindungen mit -prozentig werden ohne Abstand geschrieben:
eine zwanzigprozentige oder 20-prozentige oder 20%ige Wahrscheinlichkeit
Keine Abstände nach Kommas zwischen Ziffern: 2,3,5,7
Keine Abstände vor/nach Schrägstrichen
Alternativ(Wahl-)Schreibweisen in Klammer mit Bindestrich: Ohne Abstand, der Bindestrich gehört in die Klammer, so hat sich das in der (neu-)deutschen (Recht-)Schreibung durchgesetzt.
Der Bis-Strich wird bei Zahlen ohne Abstände gesetzt: Von 8-10 Jahren
Aber: Das 8- bis 10-Fache (Abstände beachten; das x-Fache: Großschreibung)
Korrekte Groß- und Kleinschreibung: ein Zehnfaches oder 10faches oder 10-Faches; um das Zehnfache, zehnfach, 10-fach oder 10fach
Regelrechte Abstände, Bindestriche und Groß-/Kleinschreibung bei Altersangaben:
Ein Zehnjähriger oder 10-Jähriger; die Acht– bis Zehnjährigen oder 8- bis 10-Jährigen; die über Zwölfjährigen oder über 12-Jährigen,
Aber: ein achtjähriger oder 8-jähriger Junge
Werden Auslassungspunkte (drei Pünktchen) als Wortersatz oder aus Klanggründen zwischen vollständige Wörtern gesetzt, gehört davor und danach ein Abstand: Regeln, Regeln … und wann gehen wir tanzen?
Korrekte Verwendung von Auslassungspunkten mit anderen Satzzeichen: „Also …“, sagte er, „… wenn ich das richtig sehe …“ – „Wie sieht das denn aus …?“, fragte sie. „Das ist ja …!“
Ein vierter Punkt am Satzende wird nie gesetzt.
Ersetzen die Pünktchen nur einen Teil des Wortes, werden sie ohne Abstand hintendrangeschr…
Anführungszeichen („Gänsefüßchen“) sind zum Hervorheben von Begriffen wenig geeignet und sollten der Zitatfunktion oder Wörtlichen Rede vorbehalten bleiben.
In Alltags- und Erzähltexten werden sie häufig eingesetzt, um den Wortsinn ins Angebliche, Zweideutige und Scheinbare zu ziehen oder mit möglichem Hintersinn zu kokettieren: Das „paradiesische“ Wochenende war die Hölle, der „Millionär“ entpuppt sich als Heiratsschwindler, dieses „unschuldige“ Mädchen kennt schon alle Tricks.
In Fachtexten ist dieser Spielraum selten erwünscht. Worte sind feste Werte, kein Spielplatz für Wertungen. Demonstrative Sprache hat keinen Schongang, der Autor braucht Mut zum Wort. Warum von „gesunden“ Kindern schreiben, wenn gesunde Kinder gemeint sind? Ein sogenanntes „Ding“ ist ein Ding (darum wird es so genannt). Redet der Fachmann von einem „Begriff“, so ist der Begriff gemeint, den sich der Leser als Begriff merken soll.
Wer die Gänsefüßchen weglässt und zum Hervorheben und Betonen stattdessen kursiv schreibt, verhindert ungewollte Untertöne und sorgt nebenher für ein harmonischeres Schriftbild.
„Gedanken klingen lautlos!“, ruft der Philosoph.
Darum sind sie ebenfalls kursiv am schönsten, denkt seine Frau.