Das Schattendasein der Suchmaschinen
Suchmaschinen arbeiten viel mit Mathematik. Trotzdem arbeiten sie für Menschen. Sie werden stetig weiterentwickelt, um mit der Zeit klüger und menschenähnlicher zu werden und ihren Dienst am Menschen besser zu bewerkstelligen. Ihre wachsende Intelligenz bedeutet mehr Arbeit und weniger Schlaf für alle, die sich darauf spezialisiert haben, schlauer als Suchmaschinen zu sein.
Eine Suchmaschine, die einen Text ab einer gewissen Wortzahl als relevant für Menschen einstuft, handelt unintelligent, kann jedoch nichts dafür. Sie wird den Text nie bewerten können wie ein Mensch: Statt ihn zu lesen und dabei ein Dreipfundgehirn zu beheizen, zählt sie in ihm herum. Zur Zielgruppe gehört sie erst recht nicht: Sie will nichts, braucht nichts und verpasst darum das Beste. Zwischen den Zeilen liest sie nur, wenn da etwas Verbotenes steht – und beim Interpretieren, Auswerten oder Weiterleiten des Gelesenen folgt sie einem Konglomerat fremder Meinungen, die sie jedoch nie hinterfragen wird.
Wenn Algorithmen krank machen
Eine durchschnittlich gebildete Suchmaschine liest sehr unkonzentriert: Statt sich ein wenig Zeit zu nehmen und auch mal das Telefon abzuschalten, wenn es um das tiefere Verständnis ihrer Schöpfer, Nutzer und deren Kulturtugenden geht, sitzt sie beim Lesen zwischen allen Schreibtischen. Sie quatscht gleichzeitig mit der halben Welt, sieht sich die neuesten Videos an, spioniert, ohne sich zu interessieren, und macht nebenher ständig Mathehausaufgaben, die niemals weniger werden.
Allein die letztgenannte Tatsache erlaubt Rückschlüsse auf die innere Verfassung der Suchmaschinen. Im Internet, ihrem Berufsumfeld und Lebensmittelpunkt, sind die scheinbar allmächtigen, bienenfleißigen und nimmermüden Onlinehelden teilweise extremen Stresssituationen ausgesetzt. Sie arbeiten in Zwangshaltungen, Doppel- und Dreifachschichten sind die Regel, höchstens eine von zehn Suchmaschinen ist krankenversichert.
Ausgesucht und abgefunden
Kommen menschliche Individualbedürfnisse, Abweichungen, Sonderwünsche, Spaßsuchen und Panikhandlungen hinzu, kann der nächste Rechtschreib- oder Kommafehler irgendwo im Internet der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt. Nicht wenige Suchmaschinen geben auf und wenden dem Internet den Rücken zu. Weil der freie Arbeitsmarkt ihnen jedoch verschlossen ist, bleibt dann meist nur noch der Gang zum Sozialamt.
Um die Suchmaschinen zu entlasten, hat das Internet die Nutzerheit zu mehr Eigenverantwortung aufgefordert und warnt vor unreflektierter Prodigalität im Lese-, Schreib , Such- und Findeverhalten. Nur durch neue Erholungsräume und kreative Rückzugsorte, so der Internetsprecher, könnten wir ihnen ein sicheres Zeit- und Motivationsplus schaffen, in dem es auch Chancen zur Weiterbildung gäbe – viele Suchmaschinen wünschten sich beispielsweise eine Muttersprache.
Durch Orientierung an der Zielgruppe Mensch, so ein weiteres wichtiges Argument für den Aufruf, könne auch der Mensch viel lernen und letztlich seinen Umsatz auf materieller und nichtmaterieller Ebene immens steigern. Menschen, die sich darauf einlassen, können beim Konzipieren fairer Inhalte auf das spezialisierte Fachwissen der Suchmaschinen zurückgreifen und von deren Kenntnissen über diese bedarfsreiche und kaufkräftige Zielgruppe profitieren.
Gemeinsame Selbsthilfe mit der Content-Diät
Zwei im Internet besonders stark vertretene Nutzergruppen sind Anseher mit Leseschwäche und Leser mit Zeitproblemen. Trotz ihrer gravierenden Grundbelastung können auch solche Problemnutzer zu Aufbau, Füllung und Präsentation menschenorientierter Internetpräsenzen beitragen, sofern ihnen neue Wege zur betriebswirtschaftlich notwendigen Überwindung der speziesgebundenen Denkfaulheit aufgezeigt werden.
Eilige Leser nehmen den Text vor allem morgens nicht gerne schwarz. Mit Bildern wird er bekömmlicher und liegt weniger schwer im Gehirn. Ein Frühstück aus wenig starkem Text und reichlich Bildern ist die ideale Grundlage: Die Pixel liefern sofort verfügbare Energie, während der Text das Gehirn für mehrere Stunden sättigt, ohne es zu belasten.
Seitenbetreiber sollten stets ausreichend frische Bilder für Seitenbesucher bereithalten. Trotzdem sollten sich vor allem jüngere User am Text und nicht an den Bildern sattessen, da eine Unterversorgung mit Sprachbausteinen während der Wachstumsphase zum Abbau bereits erworbener Verständniskompetenzen führt. Erwachsene Menschen, die täglich Buchstaben benötigen, sollten zumindest ab und zu einen Punkt machen.