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Außendienst

„Hast du den Sack?“
„Klar, alles! Wir können los!“
„Gut. Was ist denn das?“
„Eine CD! Falls wir wieder ein Auto klauen … “
„Musik? Wir gehen doch nicht auf einen Vergnügungsausflug! Wo hast du das überhaupt her?“
„Oh … ich dachte nicht … ich dachte nur …“
„Na, schon gut, nimm sie mit. Braucht ja keinen Platz. Komm jetzt, wir müssen uns beeilen, ich will den Alten nicht hören, wenn wir wegen dir den Sprung verpassen.“

Der Hof war dunkel und eisig. Etliche dick vermummte, unförmige Gestalten hatten sich um die Grube in der Mitte versammelt und starrten hinein; bläuliches Licht flackerte über ihre Gesichter. Mehrere drehten sich um, als sie die beiden Neuankömmlinge hörten.
„Hranulf! Schnell, das Tor geht gleich zu! Wer ist denn das?“
„Das ist Bing, mein Lehrling. Ist seine zweite Tour heute nacht. Laßt uns mal vorbei.“
Bing und Hranulf traten an den Rand der Grube. Hranulf schloß die Augen und zog seinen Umhang fester um sich, Bing hielt sich die Nase zu und federte in den Knien. Dann sprangen sie.
„Hupp!“, riefen die Schwarzvermummten im Chor. Der Hall sprang zu den steinernen Fratzen der Brüstung empor. Das Licht verlosch.
Innerhalb von Sekunden war der Hof leer, die Stille vollkommen.

„Wo sind wir?“
„Da vorne ist der Friedhof.“
„Friedhof? Wir wollen doch nicht …“
„Nein, heute nicht. Wir treffen dort einen jungen Poeten.“
„Sind die nicht alle ausgestorben?“
„Das waren die Propheten. Du mußt deine Hausaufgaben machen.“
Als sie über den Friedhof gingen, kam der Mond hinter den Wolken hervor. So sahen sie schon von weitem den jungen Mann, der sich an einen steinernen Engel lehnte und in die Krone eines mächtigen, knorrigen Baumes hinaufsah. Auf einem der kahlen Äste saß ein Käuzchen, ebenso unbeweglich wie der Mann; seine runden Augen leuchteten im Mondlicht.
Bing und Hranulf blieben dicht vor dem Mann stehen. Nach ein paar Minuten fragte Bing: „Was macht der denn hier mitten in der Nacht?“
„Er dichtet. Warte noch eine Minute.“
Sie warteten.
Langsam hob der Dichter seine Hände und sah zum Himmel auf, sein Gesicht bekam einen schmerzlichen Ausdruck, und mit fast tonloser Stimme sprach er:

„Ach, am Ende aller Tage möchte ich ein Käuzchen sein,
riefe meine Abendklage in dies Leichenfeld hinein – “

„Du meine Güte …!“
„Still, gleich passiert’s! Hast du den Sack?“
Das Käuzchen stieß sich von dem Ast ab und kam mit einem einzigen Flügelschlag herabgesegelt. Als es seine Krallen in die Brust des Dichters schlug, sträubten sich seine Federn; ein Ruck ging durch den kleinen Körper.
Langsam rutschte der Dichter am Steinengel herab, zuckte schwach und lag still. Das Käuzchen machte ein paar unbeholfene Bewegungen mit den Flügeln und begann dann, krampfartig mit dem Kopf zu nicken und leise, bellende Laute auszustoßen. Plötzlich öffnete es den Schnabel und hustete einen Klumpen Haare und Knöchelchen auf des Dichters Bauch, schüttelte sich und flog davon.
In dem Gewölle zappelte etwas. Hranulf trat vor und ergriff es, zupfte Haare und Knochen fort und steckte das zappelnde, schwach leuchtende Klümpchen in den Sack, den Bing offengehalten hatte.
„Sehr gut, sehr gut. Schön zubinden.“
„Was für ein Glück, daß es nicht sofort weggeflogen ist!“
„Fliegen, mit dem Menschen im Kopf? Vergiß es. Bevor sie den nicht ausspucken, kommen sie nie vom Fleck. Zu kompliziert, weißt du? Das Gehirn verheddert sich, da bleiben sie lieber sitzen. Laß uns weiter, hier vergeht die Nacht.“

Sie gingen Richtung Innenstadt. Als sie eine Kreuzung überquerten, fuhr ein Lastwagen durch sie hindurch.
Bing strahlte. Freudentropfen sickerten aus seinen Stirnwarzen. Begeistert schaute er den Rücklichtern nach.
„Das war Rockmusik! Ach, Hranulf, können wir nicht ein Stückchen mitfahren?“
„Auf gar keinen Fall. Hast du nicht das Gesicht von dem armen Fahrer gesehen? Komm von der Straße runter.“

Sie saßen auf einem Fenstersims im vierten Stock eines Mietshauses. Neben ihnen saß eine zierliche schwarzweiße Katze und betrachtete das Geschehen auf der Straße durch die doppelte Fensterscheibe. Im Zimmer, auf einem breiten, ungemachten Bett, saß eine Frau; sie hielt in einer Hand ein Glas mit Rotwein, in der anderen einen Bleistift. Auf Bett und Boden lagen zerknüllte beschriebene Blätter.
Die Frau sah nachdenklich zu der Katze hinüber und kaute auf ihrem Stift. Dann lächelte sie, setzte den Stift an und schrieb.
„Sieh dir das an, lila Papier!“
„Ruhe! Du wirst noch die Katze stören.“
Die Frau schrieb:

„Wie gern wär’ ich du, ein seidener Schatten der Stille,
kurz wär’ meine Lust, ein einziger Schrei in der Nacht -“

Die Katze verließ das Fensterbrett, durchquerte lautlos den Raum und sprang auf das Bett. Gedankenverloren streckte die Frau ihre Hand aus; das Glas entfiel ihr, roter Wein breitete sich auf dem Laken aus. Die Hand im Nackenfell der Katze streckte und schloß sich krampfhaft, wurde dann schlaff und fiel auf das Kissen.
Die Katze erbrach ihr Dosenfutter; im Schleim zwischen den braunen Brocken wand sich ein lila Klümpchen.
„Den Sack!“
„Jetzt sieht sie richtig schön aus, wie sie da liegt. Irgendein Mann wird sie sicher vermissen.“
„Sie hat nie existiert. Da, sie löst sich schon auf. Der Alte kümmert sich um alles.“

Drei Männer saßen um einen bierfeuchten Kneipentisch. Ein Kartenspiel und ein fleckiger Zettel voller Zahlen lagen neben dem Aschenbecher.
„Das geht voll auf dich, Johann. Die Ramschrunde hat dir’s Genick gebrochen. Dreizehnfuffzich.“
„Ich saß halt auf der Scheißflöte. Für’n Durchmarsch hat’s nicht gereicht mit dem kleinen Buben -“
„Hättest ja Grand spielen können.“
„Da hätt ich’s genauso gefressen!“
„Aber würdig, weißte, wür-dig!“

Hranulf und Bing saßen an der Bar. Von Zeit zu Zeit setzte sich jemand auf ihre Hocker, stand aber rasch wieder auf, um sich einen anderen Platz zu suchen.
„Das wird doch nichts hier!“
„Warte.“

Die drei Männer ließen sich einen Schnaps bringen, stießen an und kippten.
„Jawoll!“
„Brr!“
„Meine Herr’n!“
Tock! machten die Gläser auf der Tischplatte.
„Meine Frau geht jetzt abends immer joggen und will, daß ich mitkomme.“
„Wirst ihr zu dick, hm?“
„Allein will sie halt nicht.“
„Kauf ihr doch ’n Hund!“
„Ja, der kann ja dann auch mit ihr Schuhe kaufen gehen!“
„Ha, ha, ha.“
Neuer Schnaps wurde gebracht.
„Jawoll!“
„Brr!“
„Meine Herr’n!“
„So’n Hund hat’s gut. Der hat keine Sorgen. Schmeiß ihm ’n Stöckchen und pfeif, da kommt er angewedelt. Springt um dich rum und ist glücklich. Jeden Tag wird der Napf gefüllt, kein Gerenne ums Geld …“
„Keine Frau, die dauernd was will, kein Chef, der motzt …“
„Im Frühling fickst du im Park die hübschen Pudel …“
„Kein Vorspiel und kein Abwasch.“
„Immer klare Ansagen.“
„Ha, ha, ha.“
„Ja, so’n Hund sollte man sein.“

Die Tür ging auf. Ein Mann trat ein und zog seinen Hund hinter sich her. Kaum hatten sie die Kneipe betreten, riß der Hund sich los und lief zielstrebig zu den drei Männern hinüber.
„Bing! Bing, schläfst du? Den Sack!“

Als sie die Kneipe verließen, hockte der Wirt mit Eimer und Lappen auf dem Boden und fluchte. Der Hundebesitzer rang die Hände.
„Ich versteh’ das nicht! Das macht er sonst nie!“
„Helfen Sie mir wenigstens, die Sauerei aufzuwischen!“

„Drei Uhr. Wir liegen gut in der Zeit, zwei könnten wir noch schaffen, die sind gerade um die Ecke.“
„Also los!“

Das junge Paar war erschöpft von der Liebe. Verschwitzt und zerzaust lagen sie zwischen den Decken und atmeten heftig.
Nach einer Weile sagte sie: „Wenn ich eine Spinne wäre, würde ich dich jetzt fressen. Dann könntest du mir nie untreu werden.“
Er lächelte. „Das wäre der süßeste Tod, von dir gefressen zu werden.“

Vom Plastikkronleuchter an der Zimmerdecke seilten sich zwei emsige Spinnen ab und landeten auf den Gesichtern der Liebenden.
„Uäch!“ sagte die junge Frau und verstummte. Leblos lag ihr Geliebter neben ihr und wurde bereits durchsichtig.
Die beiden Spinnen krabbelten blitzschnell am Bettpfosten herunter und verschwanden zwischen den Dielen.

„Mist! Die entwischen uns ja!“
„Keine Sorge. Gib mal das Schäufelchen.“

Bing stülpte seine Tasche um, und verschiedene Gegenstände fielen auf den Boden: Eine Phiole mit einem tanzenden roten Schatten darin, ein Taschentuch, ein Buch, das leise stöhnte, als es aufschlug, die CD, ein Plektrum, eine Hasenpfote, ein Pfeifchen und eine kleine silberne Schaufel.
Hranulf sah auf das Durcheinander und schüttelte den Kopf. Seine Kehllappen zitterten.
„So ein Haufen Unsinn!“
Er hob die Schaufel auf und streichelte sie. Ein leises Summen ertönte und drang in jeden Winkel des Zimmers.
Nach einer knappen Minute kamen die beiden Spinnen langsam aus der Dielenritze gekrochen und setzten sich auf das Schaufelblatt, das Hranulf ihnen entgegenhielt. Zwei Leuchtklümpchen lösten sich aus ihren Hinterteilen und zitterten auf dem Silber.
Sachte klopfte Hranulf gegen den Schaufelstiel und verscheuchte damit die Spinnen.

„Kommst du mit dem Sack?“
„Wieso konnten die denn so schnell abhauen?“
„Sie haben kein Hirn. Aber auf das Schäufelchen müssen alle hören. Würdest du jetzt den Sack aufmachen?“
„Warte mal. Sieh doch, wie schön die leuchten. Wir haben lange nichts gegessen und haben schon fünf im Sack!“
„Wir essen, wenn wir zu Hause sind.“
„Aber beim letzten Mal …“
„Erinnere mich nicht daran! Ich hatte es auch beim letzten Mal verboten!“
„Aber da hab ich das mit der Rockmusik verstanden!“
„Ich bezweifle, daß das gut für dich war.“
„Vielleicht würden wir ja diesmal …“
„Mach endlich den Sack auf, sonst muß ich böse werden.“

In einer abgelegenen Ecke des Stadtparks, vor dem Sockel des Reiterdenkmals, hatte sich eine Grube geöffnet. Zwei schwarzvermummte, unförmige Gestalten standen am Rand und starrten hinein, bläuliches Licht flackerte über ihre Gesichter.
Hranulf schloß die Augen und zog seinen Umhang fester um sich, Bing hielt sich die Nase zu und federte in den Knien.
„Hupp!“, sagte Bing.
Dann sprangen sie.

Der Hof war dunkel und eisig. Hranulf streckte sich, daß es krachte, schlug die Kapuze zurück und strich sich über die Hörner. Auch Bing ließ seine Knöchel knacken, beklopfte seine Taschen und schüttelte die spärlichen Schwanzfedern zurecht.
„Gehen wir jetzt noch zum Alten?“
„Er erwartet es.“

Sie glitten finstere Gänge entlang und eine Wendeltreppe hinauf. Über eine Galerie erreichten sie ein hochgelegenes Tor, das sich vor ihnen öffnete. Lautlos schwebten sie zwischen dunklen, atmenden Pflanzen hindurch und kamen schließlich zu einem Pavillon, dessen Seitenwände und Dach vom Gestrüpp verschiedener Stachel- und Schlingranken überwachsen waren.
Zart klopfte Hranulf mit den Krallen auf das Metallplättchen an der Tür.
„Herein, immer herein, meine Kinder!“

Sie betraten ein kleines Laboratorium. Auf Tischen an der Wand standen Gefäße mit Pflanzen, auf die aus durchsichtigen Schläuchen farbige Flüssigkeiten herabtropften. Ein kleines Geschöpf mit einem korallenroten Rückenpanzer drehte sich um, legte ein Werkzeug beiseite und lächelte mit zahnlosen Kiefern.
„Ah, Hranulf! Was hast du mir heute Schönes mitgebracht?“
„Wir haben sieben. Mitten aus der Verwandlung. Sie wollten es alle. Sie lechzen geradezu danach, Herr.“
Bing zuckte kaum merklich zusammen.
„Na, dann laß den Alten mal sehen, getreuer Hranulf.“
„Bing, den Sack!“

Mit langen, sehnigen Fingern holte der Alte die leuchtenden Klümpchen aus dem Sack, legte sie behutsam in eine Schale und betrachtete sie.
„Ich sehe sechs.“
Hranulf trat vor und schaute in die Schale. Bing öffnete den Mund, schloß ihn aber wieder, als er den derben Stiefel seines Lehrherrn auf seinem Fuß spürte.
„Tatsächlich, nur noch sechs zu sehen. Zwei werden schon miteinander verschmolzen sein.“ Hranulfs Stimme war völlig ausdruckslos.
„Um so besser, um so besser!“
Der Alte übergoß die Klümpchen mit einer klaren Flüssigkeit. Sofort lösten sie sich auf, und die Flüssigkeit nahm eine strahlende Farbe an.
„Menschen und Tiere … ich werde die Neuen Steine damit behandeln. Eine prachtvolle Welt werden wir haben, meine Kinder. Alles wird sich immerzu verwandeln wollen.“
Hranulf verneigte sich. Bing faltete den Sack zusammen.

Als sie den Pavillon verlassen wollten, trat ihnen der Alte in den Weg.
„Nicht doch so eilig! Habt ihr schon gegessen?“
„Wir fanden bis jetzt nicht die Zeit dazu, Herr.“
„Nehmt euch vom großen Baum, was ihr wollt. Ihr habt gut gearbeitet.“
„Danke, Herr!“

„Bring mich nicht noch einmal in eine solche Situation, hörst du!“
„Hranulf, ich kann das erklären …“
„Das hilft nichts. Du mußt dich beherrschen lernen, sonst kann ich dich im Außendienst nicht gebrauchen. Dann kannst du wieder den Garten harken.“
„Oh, nein! Eine der Stauden hat mich mal gebissen!“
„Wahrscheinlich warst du selber schuld.“
„Ich glaube, ich verstehe jetzt, wie man in der Ramschrunde …“
„Vergiß es. Ißt du nichts?“
„Ich bin nicht mehr hungrig. Offen gestanden …“
„Dann geh schlafen. Ich werde mich jetzt auch an meinen Balken hängen.“

Sie überquerten den Hof. Die Grube war dunkel.
„Du, Hranulf?“
„Hm …?“
„Können wir uns morgen die Neuen Steine ansehen? Mein Freund hat gesagt, daß einer das Zeug zu einem Planeten hat!“
„Gerne. Bring aber deine Schulsachen mit, dann kannst du dir Notizen machen.“
„Mach ich. Gute Nacht, Hranulf.“
„Gute Nacht.“

Innerhalb von Sekunden war der Hof leer, die Stille vollkommen.

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