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Picknick auf dem Niemandsberg

Nachdem ich diesen alten Picknickkorb gekauft habe, ist es naheliegend, ein Picknick zu planen. Ich erzähle Theo davon und werde überrascht: Er will mitkommen.
Theo ist mein heimlicher Freund. Zwischen uns ist nicht, was die Leute denken würden, aber darauf lassen wir es gar nicht erst ankommen. Wir fahren zum Niemandsberg.

Der Niemandsberg ist kein richtiger Berg, sondern ein mittelalterlicher Steinbruch. Damals hat jeder seine Steine gebrochen, wo es ihm gerade gefiel. Am Niemandsberg gab es die besten. Eine Mondlandschaft entstand: Ein kleiner Krater neben dem andern. Heute sind sie bewachsen, Mulden mit Wacholder und Disteln, dazwischen Grate und Hügelchen mit Gras und buckligen Bäumen. Manche Hänge sind immer noch steil und darum nackt geblieben. Kleine Fossilien bröckeln davon ab und liegen umher. In jedem Krater gibt es eine wilde Feuerstelle.

Auf dem höchsten Hügel breiten wir die Decke aus und setzen uns neben meinen Korb. Andächtig öffnet Theo die beiden Deckelklappen und packt aus: Teller, Tassen, Messer, Gläser und das alte Ahornbrett. Brot, Butter, Käse. Forelle, Pastete, Früchte, Schokolade, Wasser, Wein und Kaffee.
Theo spricht nicht über alles. Aber er spricht über Musik. Er spricht darüber so, daß ich ihn genau zu kennen glaube.

Ich spreche über alles. Theo versteht nur die Hälfte, weil ich abschweife. Er versteht jedoch stets die richtige Hälfte.

Nach dem Essen zeigt mir Theo eine billige, bildlose Postkarte, die ihm sein bester Freund geschrieben hat, der war auf dem Jungfernjoch zum Sternegucken und hat sich dabei ein Bein gebrochen. Theo macht sich Sorgen wegen des Wortlauts und weist mich auf verschiedene Formulierungen hin, die er alarmierend findet. Ich wiederhole die Passagen, kann aber die Gefahr nicht hören. Darüber wird Theo ungeduldig, reißt die Postkarte in zwei Teile, knüllt eines zusammen und stopft es sich in den Mund.

Ich wundere mich nie über Theo. Ich esse die andere Hälfte der Karte, weil das logisch ist.

Kaum habe ich das Papier im Magen, fühle ich die Kälte. Tonnenweise Firn und kalte Sterne schmelzen in meinem Bauch. Die Decke wird naß. Wir müssen aufstehen. Wasser fließt aus unseren Schuhen, vereinigt sich zu einem breiten Strom, wälzt sich hangabwärts und füllt die Kraterlandschaft. Es dunkelt. Ich sehe nur unsere Füße und das Wasser, wir gehen einen kleinen Schritt und noch einen. So kommen wir ans Ufer und stehen da wortlos, Nebel steigt über dem See auf wie in einer gemalten vergangenen Herrgottsfrühe.

Theo reckt den Hals und neigt den Kopf zur Seite, um in den Nebel hineinzulauschen.

„Hörst du das?“
„Nein … ja!“
„Was ist das?“
„Wir rudern hin und sehen nach!“

Im Schilf liegt ein winziges Boot. Das Holz ist dunkel, schmutzig und schleimig. Als ich den Ring fasse, um es heranzuziehen, gluckst Uferwasser an den alten Brettern. Ich beuge mich über das Boot, drehe es, damit wir gut einsteigen können, und schiebe die Ruder zurecht. Dann sehe ich mich nach Theo um.
Theo hat Angst vor dem Wasser. Er muß aber jetzt ins Boot steigen, sonst wird er nicht sehen, was er da hört. Ich halte das glitschige Boot und sehe ihm zu, er braucht ganz schön lange. Stimmen wehen über das Wasser, zwei, die sich abwechseln, dazwischen der scharfe Klang aufeinandertreffenden Metalls.
Ich nehme die Ruder. Ich rudere gern, aber ich sehe nichts. Wir fahren in den Nebel.
Theo sitzt im Bug und klammert sich am Bootsrand fest. Von den feinen Algen sind seine Finger schon grün.
Dann sehen wir die Ritter. Zuerst denke ich, sie stünden auf einer Planke, aber sie stehen auf dem Wasser. Nebel fließt um ihre riesigen, eisernen Stiefel. Ihre Panzer schimmern. Langsam, langsam hebt der eine sein mächtiges Schwert, aus grimmigen Helmschlitzen rollt gewaltig seine Stimme:

„Thou wretched incharitable fool! Thou filthy paltry knave!”

Das Schwert fällt herab und zerwirbelt etwas Nebel dabei. Der andere Ritter geht langsam, langsam ein wenig in die Knie, biegt sich zurück und hebt den Schild, um den Hieb abzufangen. Als die Klinge den Schildbuckel trifft, donnert und scheppert es. Eine Erschütterung geht durch Wasser und Boot. Ich lasse die Ruder los und kneife die Augen zu. Das Boot schaukelt. Theo ächzt leise.
Jetzt faßt der andere Ritter den Stiel seiner Streitaxt fester, schwingt sie hoch empor und läßt sie mit pfeifendem Sausen niedergehen.

„Thou foolish unwash’d false companion! Thou insolent cowardly hog!”

Der erste Ritter kontert mit seinem Schwert, reißend und kreischend fahren die Klingen aneinander entlang, das Axtblatt verhakt sich am Schwertgriff. Der Axtritter zieht mit einem schweren Ruck seinen Gegner zu sich heran. Nebelfetzen stieben auseinander, an der Wasseroberfläche öffnen und schließen sich kleine Strudel.

„Thou stinky lump of rotten flesh! Thou scurvy, tripe-visaged callet!”

Der Schwertritter befreit seine Waffe und macht einen Schritt zurück. Sein Kettenhemd rasselt. Als er den Stiefel wieder aufsetzt, schlagen Wellen über die Bordwand. Er wirft den Schild fort, packt mit beiden Händen sein Schwert und holt zu einem vernichtenden Stoß aus. Ein starker Sog packt unser Boot und treibt es zurück. Wind fegt uns ins Gesicht.
„Können wir nicht näher ran?“
Theo hat vergessen, sich vor dem Wasser zu fürchten. Ich packe die Ruder und rudere, was ich kann. Es geht schwer, aber wir kommen vorwärts. Die beiden Giganten umkreisen sich lauernd, trachtend, beim andern eine Blöße zu entdecken. Verzerrt und gedämpft knurren sie durch ihre Helmschlitze.

„I’ll feed thy babbling brawling mouth with my cold-hearted steel!”
„Thy shallow base-born rabbit head must roll unto the ground!”

Wir sind jetzt ganz nah. Fast kann ich das feuchte Eisen riechen. Theo steht schwankend auf und streckt die Hand aus, er geht den Rittern kaum bis zur Hüfte, noch einen Zentimeter, ich lehne mich in die Ruder, ackere und schwitze, nur um das Boot zu halten, jetzt berühren Theos Fingerspitzen die mattglänzende Beinschiene des Axtritters, begeistert schreit er auf:
„Die sind echt!“

Die Ritter halten in ihrer Bewegung inne, und mit einem langgezogenen saugenden Rückwärtsgeräusch strömt plötzlich das Seewasser in sie hinein, steigt erst in die Stiefel und die Beine hinauf, dann in die gewaltigen Leiber, während der Metallglanz und die bunten Wappen durchsichtig werden. Schließlich regnet und rauscht es aus ihren Köpfen in den Himmel zurück, nimmt alle Farben mit und schmiert sie an die aufreißenden Wolken. Theo verliert das Gleichgewicht und fällt, ich springe hinterher, wir fallen höchtens zwei Meter tief und landen auf weichem Gras und ersten Blumen.

Die Sonne scheint. Wir sind ganz trocken. Da liegt unsere Decke, da steht mein Picknickkorb. Wir krabbeln hin, Theo hebt die umgefallene Thermoskanne hoch und schüttelt sie. Ich verstaue den kleinen Löffel mit dem Wappen, damit er nicht verlorengeht, er ist von meiner Großmutter.
Neben uns fällt das Boot herunter und zerbricht. Ich hole mir das Stück mit dem eisernen Ring, den Rest lassen wir liegen. Ein paar Tage in der Sonne, dann wird er schon brauchbares Feuerholz abgeben, für die nächsten, die hierherkommen. Es kommen ja fast täglich welche.

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