Wiederkunft
„Sind das meine Schmerzen?“, frage ich in den Raum, der mit heiseren Echo mehrmals leise antwortet. Niemand sonst.
Ich sehe keine Hand vor Augen, dann nehme ich die Schmerzen an mich und lege sie mir in meinen Erfahrungsschatz, sie rollen knirschend in die vorbestimmten Positionen, breiten sich seufzend aus und sind angekommen.
Wie ein kleines Leuchten in den Augen kommt mir dieser Raum vor, wie ein Moment Windstille; ich sehe keinen Menschen, niemand ist hier und auch ich scheine mich verlaufen zu haben. Verlaufen und verloren, dieser Gedanke grüßt mich kurz und unruhig und zieht doch weiter, als der Wind auffrischt.
Am nächsten Tisch entdecke ich Narben und Ängste, wie für mich gemacht. Mit Staunen greife ich zu, ab und an mich dabei unwohl fühlend. Keine Frage was ich mache, brauche oder werde, die Antwort kenne ich noch, bevor ich sie – dann vervollständigt – erneut vergesse. Wieder. Dieses Gefühl verlaufen zu sein, zu verlaufen und verloren zu sein nimmt Raum, meinen Raum und füllt mich aus. Die Tischplatte ist matt lackiert.
Wieder kommt Sturm auf und trägt mich, nun will ich Farben und Formen und Worte und Töne und Ahnung von etwas. Und alles legt sich in mich hinein, flüsternd wie ein Wiegenlied.
Erinnerungen – an den Wänden aufgehängt – finden mich, manche sind klar und präzise formuliert, die meisten verwackelt, keine davon trägt meinen Namen mit Recht oder nur Stolz. Ich sehe mich in meinen Augen und sehe hinein, in alles was war und ist und sein wird, es ist hier, wo ich bin.
Meine Aufgabe liegt vor mir, ausgebreitet auf einem schimmernden Tuch. Ich nehme mich ihrer an, Eingriff in meine Tatsächlichkeit, sie fliesst mit leisem Sog ihre Bahnen, meine Wege vor mir her. Ich flüchte hinterher, dem Lauf folgend, soweit ich das beurteile, wenn dieser Moment nicht mehr Jetzt ist.
Dann, wenn Einheiten wieder eine Bedeutung haben für mich, dann, wenn Eins wieder eine Ziffer ist und nicht mehr Teil, wenn ich das Zentrum des Zyklons verlasse und mich in den Sturm hänge. Was dann von mir übrig ist.
Schwer bin ich geworden, angefüllt mit Erwartungen, sicher bin ich geworden. Ich bin mir sicher und versuche, daran festzuhalten, es gelingt mir vielleicht, oder nicht. Zentimeter, Sekunden, Liter, Anzahl und Menge gewinnen Kontur, jetzt folgen Gut und Böse, in rascher Folge stürmen sie in mich ein, Ja und Nein, ganz am Ende hechelt das Geschlecht hinterher. Ich kann es nicht erkennen, noch bedeutet es mir nichts. Ich verlaufe mich erneut in den Tiefen meiner Windstille, eine leise Melodie lässt mich suchend lauschen. Verharren. Wissen.
Es ist soweit.
Das Auge blinzelt, die Wände wandern auseinander, der Raum wird weit.
„Du solltest ein Lächeln mitnehmen“, ist der letzten klare Eindruck, dann wird Bewusstsein meins und unbewusst sinke ich erneut hinab in Dunkelheit.