Mit freundlichen Grrrüßen
Ich glaube an viele Dinge: die Grundrechenarten, die Liebe, die Macht der Worte. An dunkle Schokolade, meine Roland TR-808 und die immense Wichtigkeit von Alternativen und Humor. Und an die seltenen wirklich guten Nachrichten, die die Welt für mich bereithält.
Von Klischees und Alternativen
Rocker-Krieg beim Einkaufsbummel
Vis-à-vis zum Discounter unseres Vertrauens befindet sich ein Tabakwaren- und Zeitschriftengeschäft. Dort stand ich vor einigen Wochen und wartete auf Christine, die – nicht zum ersten Mal – an der Herausforderung scheiterte, auf dem Weg zwischen unserer Wohnung und dem Discounter befindliche Bekleidungsfachgeschäfte in angemessener Weise im Gesamtkontext unseres Missionsziels (der Nahrungsmittelbeschaffung) zu priorisieren.
Zur Untätigkeit verdammt, die Gattin aus den Augen verloren, stand ich wartend vor den Auslagen des Fachgeschäfts für alphabetisierte Raucher und ließ den Blick schweifen. Auf Augenhöhe fand sich nichts von Interesse, also senkte ich den Blick und fand den üblichen Vorratsbehälter für unverkaufte Exemplare der BILD-Zeitung.
„Weil er DIE ÄRZTE und RAMMSTEIN nachmacht – Rocker-Krieg gegen Heino!“
Nicht nur ich erfuhr an diesem Tag erstmals, dass Heino mit 74 Jahren ein neues Album aufgenommen hat. Mit Coverversionen von deutschen Interpreten. Mit „Junge“ von den Ärzten.
Der Mann hat Geschmack.
Christine konnte auch an diesem Tag ihre selbstauferlegte Queste, Kinderpullis in Größe 134 zu finden, nicht erfolgreich beenden und kam mit leeren Händen und neu entfachter Zielstrebigkeit auf mich zu, in ihren Augen klar erkennbar die feste Absicht, wenigstens den ursprünglichen Plan der Vorratsauffüllung zu einem guten Ende zu bringen. Was uns final und mit vereinten Kräften auch zufriedenstellend gelang.
Überrrzeugend!
Der Tag endete in Recherchen über den proklamierten Rocker-Krieg (erfolglos) und Heinos Neue (erfolgreich). Ich, als der von uns beiden, der die Ärzte schon immer sicher von den Toten Hosen unterscheiden konnte, war beunruhigt aufgrund der Tatsache, dass die Ärzte das Cover eines Mädchenchors mit hörbarem belgischen Akzent offenbar für statthaft, das von Knödelbarrriton Heino jedoch für juristisch anfechtungswürdig hielten.
Und das, wo mich Heinos vorab veröffentlichte Single schon vor den ersten Tönen für sich einnehmen konnte. Und nach den letzten Tönen erst recht. Das hat Spaß gemacht: Mir und Christine, vor allem aber Heino selbst. Es macht Spaß, dabei zu sein, weil sein Spaß authentisch ist und ohne Häme daherkommt.
Es gibt ein Doppelalbum mit Coverversionen der Ärzte. Lauter honorige und viele unpeinliche Interpreten sowie Bands ohne erkennbare Nähe zur Volksmusik haben sich am musikalischen Werk der Berliner versucht und sind gescheitert. Ein gutes Cover sollte ein gutes Stück ehren (was schwer ist) oder ein schlechtes Stück verbessern (was schwerer ist). Auf dem Doppelalbum finden sich zu viele einfache Lösungen.
Heinomalien
Bisher habe ich keine weiteren Indizien dafür, dass Die Ärzte ernsthaft in das gleiche Horn tuten wollen, in dem etwa Frau Burmester S.P.O.N.tanen Sabber hinterlassen hat, als sie ihre Lesart des Klischees vom missgünstigen Deutschen vor der Leserschaft abhustete. Und die gleich noch den Ärzten testierte, durch Heinos „Junge“ quasi erledigt worden zu sein. Ein für sich genommen interessanter, allerdings ausschließlich effekthascherischer Ansatz, der es an allem vermissen lässt.
Jungs, das ist doch nicht euer Milieu?!
Ich habe mittlerweile einen kleinen Anteil dazu beigetragen, dass Heinos „Mit freundlichen Grüßen“ seine erste Nr. 1-LP wurde. Und gönne dem Mann von ganzem Herzen den späten Erfolg und die breite Anerkennung als Musiker, die für mein Empfinden nicht Ziel dieser Veröffentlichung war, sondern deren logische Konsequenz.
Cornelia Boermann meint
Hallo Frau Praetorius, Herr Praetorius,
schönes Ergebnis. Hat es mit den Artikelbildern denn auch geklappt? Bei Ihnen gefällt mir auch der aufwändige Slider, tolles CC von Ihnen.
Ich wünsche noch ein angenehmes Wochenende,
Ihre Cornelia Boermann