Ich will einen Schuko-Gardena-Adapter
Das Prinzip ist ganz einfach: Am Gerät sind je zwei Ein- und Ausgänge für Schuko und Gardena – also zwei Gardena-Klickstücke zum Anschließen an einen Wasserhahn oder Schlauch sowie Steckdose und Stecker zum Anschließen an die Steckdose oder Einstecken eines Verbindungs- oder Verteilerkabels bzw. Elektrogeräts.
Das überaus Praktische an diesem Adapter (der bequem in jeder Handtasche und jedem Werkzeugkoffer Platz finden und sowohl in Chrom als auch in Mattschwarz lieferbar sein sollte): Man kann darüber aus dem Wasserhahn Strom beziehen oder Wasser aus der Steckdose. Das bedeutet: Schluss mit peinlichen Situationen und Konsequenzen, die sich ergeben, wenn Menschen eine Steckdose brauchen, aber nur einen Gardena-Anschluss vorfinden – oder umgekehrt.
Gut Ding will Haken haben
Bei näherem Hinschauen ergibt sich jedoch das Problem, dass sich diese geniale Geschäftsidee im Rahmen der herrschenden Naturgesetze weder produzieren noch kundenorientiert vermarkten lässt.
Höchstens für einen Roman könnte man sie man sie brauchen.
Müsste ja nur noch einer schreiben …
Hier ist einer von drölf möglichen Plots für einen dicken Roman, dessen Kernstück der Schuko-Gardena-Adapter ist:
Der Held wohnt in einem alten Haus und will den Lehmboden in seinem Keller abgraben, damit er und seine Kumpels sich nicht immer die Köpfe anstoßen, wenn sie … (der fleißige Romanautor übernimmt hier die Feinheiten der Vorgeschichte).
Beim Buddeln findet der Held dieses Gerät. Er sieht natürlich sofort, dass das ja wohl vollkommener Quatsch ist: Da hat sich irgendein Werkzeugmacherlehrling einen Spaß erlaubt, Wahnsinn, wie lustig, das müssen meine Kumpels sehen …
Dann funktioniert das Gerät aber tatsächlich. Der Held und seine beiden Kumpels schließen es an den Wasserhahn an, stöpseln auf der anderen Seite die Bohrmaschine rein und bohren hunderte von Löchern. Sie stecken es in die Steckdose, schließen den Gartenschlauch an und füllen den Pool auf … tadellos, und auch noch so schnell!
Als einer der Helden zufällig bemerkt, dass sich bei diesen Aktionen weder die Wasseruhr noch der Stromzähler bewegen, sind alle drei mit ihren Nerven am Ende.
Es folgen etliche Kapitel, in denen sie es anderen erzählen oder nicht erzählen, mit dem Adapter experimentieren oder ihn wegschließen, sich natürlich auch in die Wolle kriegen – immerhin könnte diese Entdeckung Millionen bringen, die Welt retten und die Wirtschaft revolutionieren, aber auch Knast, Tod, Apokalypse oder Irrenhaus wären möglich. Außerdem ist einer der Helden frisch verheiratet und der andere steht kurz vor der Pleite. Dadurch ergeben sich großartige Entwicklungs- und Entfaltungsoptionen für die Charaktere und das ungeheuerliche Konfliktpotenzial, aber auch für technische Kreativität – zum Beispiel sagt einer: „Das muss sich doch irgendwie öffnen lassen! Ich will jetzt sehen, was da drin ist!“
Schließlich ergibt sich eine Gelegenheit, bei der sich alle sofort einig sind: Dafür verwenden wir diesen Adapter! Ein Plan, der ein großes oder sogar alle Probleme löst und sich mit diesem Ding verwirklichen lässt, ohne dass es was kostet oder jemand etwas merkt.
Der Plan wird umgesetzt und klappt auch, die Helden feiern ihren Erfolg – und denken kurz darauf: Das klappt doch sicher auch nochmal!
Wenn der Fleiß des Schreibers anhält, will bereits jetzt einer der Helden aussteigen, einer will einen größeren Anteil am Gewinn, und der dritte sagt: „Wir dürfen jetzt nicht die Nerven verlieren! Was wir brauchen, ist ein starker Partner mit Einfluss!“
Jedenfalls wird der Adapter weiterhin eingesetzt, und zwar, wie es Menschen entspricht, immer sorgloser und in immer größerem Stil.
Dann häufen sich in den Nachrichten Meldungen von verschwundenen Inseln und Küstenabschnitten, deren plötzliches Fehlen man nicht einfach der Bausandmafia in die Schuhe schieben kann. Auch bei den Gezeiten treten rätselhafte Unregelmäßigkeiten auf. Als ein renommierter Astrophysiker entdeckt, dass der Mond rapide an Gewicht verliert, will ihm keiner glauben …
Ich will aber gar keinen Roman schreiben. Ich will einen Schuko-Gardena-Adapter. Am liebsten in Mattschwarz, aber eigentlich wär mir die Farbe egal.
Jan meint
Es gibt viele Adapter auf der Welt. Den meisten begegnet man, ohne es zu merken. Sie adaptieren Hastige und Tränentiere, Scharfesser und die Puddingschlinger, Opelfahrer mit dem unerklärlichen (müsteriööös (den Mund so spitzgemacht)) Straßenverkehr, phonetische Orthographen mit dem Unwillen ihrer Umgebung. Freilich, man könnte nun behaupten, dass es sich schon aneinanderzwänge, wenn man es nur fest genug verleimen täte und verschraubte. Aber, und das wissen nicht viele, dazu benötigt man unbedingt eine NEUE Bauklammer. Besser zwei.
Ich selbst sehe mich jedoch vielmehr als Deapter, der den lieben langen Tag deaptiert. Angenapfte Schreckeinjager wollen sorgsam entnapft werden, ohne die am Rande schon so ausgefisselten Napfgulpe über Gebühr zu belasten, verlieren sie so doch ihre Annapffähigkeit – auch und vor allem bei zufällig vorübergehenden Personen. Passanten. Spaziergängern. Dabeistehenbleibern. Die Personengruppe derer, an die ich meine Entnapften abzugeben bereit bin, ist – ich wage es kaum auszusprechen, bunt und einfältig. Eins habe ich in meinem Leben gelernt. Ein sorgsam Entnapfter ist keine zornige Entliebte.